Bekanntgabe der Regierungsrats-Kandidatur
Hier meine Rede zur Bekanntgabe der Kandidatur an der Pressekonferenz am 15. August 2018.
Wir erlebten in der Schweiz diesen Sommer die wärmste April-Juli-Periode seit Messbeginn 1864. In diesem Sommer tobten verheerende Waldbrände in ganz Europa. In Schweden tobten so heftige Waldbrände, dass international Hilfe angefordert wurde. Bis jetzt sei alleine in Schweden 25'000 Hektar Wald abgebrannt – die dreifache Fläche des Zürichsees. Doch nicht nur Brände machen dem Wald zu schaffen. Der Borkenkäfer breitet sich wieder aus, weil Jungbäume austrocknen. Aufgrund der anhaltend warmen Wassertemperaturen wurde es kritisch für die Fische im Rhein. Der Regierungsrat spricht in seiner Medienmitteilung von letzter Woche von einem «grösseren Fischsterben». Je trockner es wird, desto mehr Bewässerung ist nötig in der Landwirtschaft. Doch das ist auch nur möglich, wenn noch genügend Wasser vorhanden ist. Der Kanton Thurgau verhängte letzten Monat ein Wasserentnahmeverbot aus Flüssen und Seen. Das trifft die Gemüsebauern hart.
Das alles ist nichts Neues. Rekordjahr folgt Rekordjahr. Auch die Auswirkungen sind schon länger sichtbar und spürbar. Man erinnere sich an den grossen Erdrutsch in Bondo letztes Jahr. Oder an die über 100 Erdrutsche im Wallis Anfang Jahr. Was wir jetzt spüren ist gerade mal die Vorspeise von dem, was noch kommen könnte. Der IPCC Bericht geht im Szenario ohne politische Massnahmen (RCP 8.5) mit einer Erwärmung von 5 Grad bis Ende Jahrhundert aus. Bis 2050 wäre die 2 Grad Grenze bereits deutlich überschritten. Wir sprechen also nicht von der fernen Zukunft. Im Jahr 2050 werde ich vermutlich noch nicht einmal pensioniert sein.
Was dazu kommt: Der offizielle Klimabericht des IPCC ist eher optimistisch. Sogenannte Klima-Feedbacks und Kipp-Punkte sind nicht berücksichtigt, weil sie zu wenig genau bekannt sind. Ein Beispiel: Im Permafrost in der Arktis und Sibirien ist doppelt so viel CO2 gespeichert, wie heute in der Atmosphäre ist. Wenn dieses Eis schmilzt, dann wird das gesamte Klima instabil. Wir sind an einem historischen Wendepunkt. Es sind die Menschen die heute leben, welche entscheiden, ob die Menschheit in ihrer zivilisierten Form weiterhin besteht.
Nun aber zur Politik im Kanton Zürich: Bis heute wurde keine ernstzunehmenden Massnahmen ergriffen, um den Klimawandel zu stoppen, respektive einen Beitrag dazu zu leisten. Rund 80% der Öl- und Gas-Heizungen werden wieder mit Öl- oder Gas-Heizungen ersetzt. Der Anteil von Elektromobilen bei Neuzulassung beträgt gerade mal 3%. Zum Vergleich: In Norwegen beträgt der Anteil ein Drittel. Bis 2025 werden dort Autos mit Verbrennungsmotoren nicht mehr zugelassen.
Man schaue nur mal in den Energieplanungsbericht 2017. Mögliche Massnahmen zur Emissionsreduktion sind darin schlicht gar nicht zu finden. Als «wichtige Leistung des Kantons» wird erwähnt, dass 7 Elektroautos angeschafft wurden in der Verwaltung. Selbstredend, dass als Massnahme nicht ausreichend ist, um die Klimaziele zu erreichen.
Konkrete Massnahmen müssen sein:
Im Gebäudebereich ist es am einfachsten. In dieser Legislatur wurde eine Einzelinitiative eingereicht von knapp 50 Professoren, welche fordert, dass Gebäude kein CO2 mehr ausstossen. Technisch ist das machbar.
Eine Raumplanung, welche kurze Wege ermöglicht, führt zu weniger Verkehr. Der Verkehr, welche trotzdem entsteht, soll wo möglich durch öV und Aktiv-Verkehr abgewickelt werden. Der Rest soll durch Elektromobilität ohne Emissionen abgewickelt werden.
In letzter Zeit stark in den Fokus gerückt sind die staatlichen Investitionen. Staat und Private sollen ihr Geld aus Öl-Firmen abziehen und in Erneuerbare investieren.
Zudem kann die Politik grünen Technologien zu Durchbruch verhelfen, wie im letzten Jahrzehnt bei der Solarenergie.
Dafür stehe ich ein. Ich will als Regierungsrat endlich Nägel mit Köpfen machen im Klimaschutz.
Nun aber zu meiner Person. Schliesslich sind die Regierungsratswahlen Majorz-Wahlen. Ich habe eine Lehre abgeschlossen als Konstrukteur. Einen Teil der Zeit habe ich bei der Firma Sulzer Hexis gearbeitet, welche Brennstoffzellen-Heizgeräte entwickelt. Schon damals habe ich mich für Energie stark interessiert. Direkt danach studierte ich Mechatronik-Ingenieur am Technikum in Winterthur. Das Institut für computergestützte Physik (ZHAW, ICP) bot mir nach der Bachelorarbeit eine Stelle an für ein Forschungsprojekt an organischen Solarzellen.
Um die Idee eines Messgeräts für Solarzellen umzusetzen wechselte ich zur Firma Fluxim AG. Dieses all-in-one Messgerät wurde zum Erfolg und ist mittlerweile in 14 verschiedenen Ländern im Einsatz in Forschungslaboren. Parallel dazu habe ich ein Master absolviert in Solaren Energiesystemen, um mich in diesem wissenschaftlichen Bereich weiter zu vertiefen. Mittlerweile arbeite ich seit 7 Jahr in der Firma Fluxim AG. Seit zwei Jahren arbeite ich zudem an meiner Dissertation zum Thema Perovskit-Solarzellen.
Politisch aktiv bin ich seit 12 Jahren. Vier Jahre lang war ich Präsident der Jungen Grünen Schweiz. Seit 4 Jahren bin ich im Zürcher Kantonsrat und beschäftige mich mit Themen Klima, Energie, Verkehr, Bauen und Raumplanung. In der Kommission für Planung und Bau (KPB) konnte ich die Reorganisation des Immobilien-Managements mitprägen. Das war das interessanteste Geschäft in der alten Legislatur, denn waren die Fronten nicht ideologisch starr. Generell sind bei vielen anderen Themen die Fronten verhärtet. Häufig dominieren Partikularinteressen. In der Regierung sehe ich die Chance die verkrusteten Mehrheiten etwas aufzubrechen.
In nächster Zeit wird uns im Kanton Finanz- und Steuerpolitik beschäftigen. In diesem Zusammenhang scheint es mir eine enorme Diskrepanz zwischen Rhetorik und der politischen Realität zu geben. In der Rhetorik der gegenüberliegenden Ratsseite wird oftmals ein Bild gezeichnet der steigenden Staatsquote und steigenden Steuern. Die politische Realität ist hingegen eine andere. In den letzten 20 Jahren wurden folgende Steuern gesenkt: Erbschaft- und Schenkungssteuer, Senkung des Steuerfusses von 108% auf 100%, Halbierung des Kapitalsteuersatzes für juristische Personen, Erhöhung der Abzüge bei natürlichen Personen, Abschaffung der Handänderungssteuer und Steuerreduktion im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2. Im gleichen Zeitraum gab es eine einzige Steuererhöhung im Kanton Zürich: die Beschränkung des Pendlerabzugs.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass es in der gleichen Zeit mehrere Kürzungsprogramme gab. Die Leistungsüberprüfung 16 wurde zwar kaum umgesetzt, dank Sondereffekten sehen die Staatsfinanzen zurzeit hingegen sehr gut aus. Man sollte sich aber nicht zu sehr an Gewinnausschüttungen der ZKB und SNB gewöhnen. Das kann jederzeit ändern.
Nochmals zurück zum Klima: Ich merke, dass viele Menschen mittlerweile pessimistisch geworden sind, was Klimaschutz betrifft. Die Lage sieht sehr ernst aus. Ist es deshalb hoffnungslos? Nein.
Die Solarenergie ist mittlerweile so günstig, dass in südlichen Ländern Strom auf Kohlekraft verdrängt wird. Das ist erst der Anfang. Das gibt Hoffnung. Es gibt eine unglaubliche grosse, heterogene, weltweite Klimabewegung und Menschen die sich für Klimaschutz einsetzen mit unterschiedlichsten Methoden. Auch das gibt Hoffnung. Regelmässig erreichen uns Meldungen, dass institutionelle Investoren ihr Geld aus den Fossilen abziehen. Das gibt Hoffnung. Es gibt Zeichen, dass sich mittlerweile auch wirtschaftliche Akteure für Klimaschutz zu engagieren beginnen. Der Klimawandel ist eine weltweite Herausforderung für Private, Landwirtschaft, Wirtschaft und eben auch Politik.
Ich will im Regierungsrat den Klimaschutz voranbringen.
Martin Neukom